Christchurch - 3. Teil

Im Zentrum von Christchurch findet man sich ziemlich schnell zurecht, die Hauptstraßen sind in einem Rechteck alle parallel angeordnet, so dass das Stadtbild von oben, einfache Parzellen ergibt. Einzige Ausnahme ist der Cathedral Square. An Christchurch´s historischem Herz, laufen die Straßen des verwüsteten Zentrums zusammen. In der Mitte stehen (zumindest derzeit noch) die Überreste der Christ Church Cathedral. Das 1881 erbaute, geliebte Wahrzeichen der Stadt, ist im Kampf um die Erneuerung, zwischen Denkmalschützern, kosten bewussten Pragmatikern und jenen, die alles Alte durch Neues ersetzen wollen, zu einem heiß umkämpften Symbol geworden.
Ein modernes Wahrzeichen blieb jedoch erhalten, die 18 m hohe Metallskulptur ¨Chalice¨, die Neil Dawson 2001 anlässlich des neuen Millenniums geschaffen hat.
Hier treffen wir am Morgen unseren Guide, zur Free Walking Tour. Gerade rechtzeitig zur Vorstellungsrunde reihen wir uns ein und besonders in Christchurch, sind die Deutschen in der Überzahl. Bisschen ungewöhnlich trägt der Guide ein Headset und eine Lautsprecher Box, so das alles was er erzählt, etwas durch die Straßen hallt. Schon von weitem ist damit kaum zu überhören, hier werden Touristen herumgeführt. So hab ich es bisher noch nicht erlebt, genauso wenig das im voraus erwähnt wird, dass die Tour nicht wirklich "Free" ist - Na egal.

Für den Anfang gibt es natürlich ein bisschen Neuseeländische Geschichte, bis hin zur ursprünglichen traditionell Englischen Stadt Christchurch und dessen Zerfall durch die Naturkatastrophe.

Erster Stopp danach ist die Re:START Mall im Zentrum. Das bunte Labyrinth, aus in Containern untergebrachten Läden, war nach dem Erdbeben das erste Lebenszeichen des Handels, in Christchurch. Es gibt ein paar ordentliche Cafés, Imbisse und eine gute Auswahl an Läden, sodass sich das Umschauen auf jedenfall lohnt. Irgendwie hat diese Container-City, damit aber auch einen ganz besonderen Charme. Sie ist flexibel und kann umgesetzt, erweitert oder beliebig verändert werden. Etwas unheimlich ist, wenn man in die Container geht, die auf Holzbalken angebracht sind, das diese bei jedem Schritt leicht beben. So lässt sich das Gefühl des Erdbebens, bestimmt nicht vergessen.

Über die ¨Bridge of Remembrance¨, die über den schönen Fluss Avon führt, setzen wir unsere Tour fort, zum Botanischen Garten. Dieser 30 ha große Park, am Flussufer mit seinen mächtigen Bäumen und Blumen ist ein wundervolles Erlebnis. Jetzt im Sommer laden die Grünflächen, umgeben von Rhododendren, Azaleen, Narzissen und Rosen natürlich zum verweilen ein.

Erstmal nicht für uns natürlich, das angrenzende Canterbury Museum in dem es Mumien, Dinosaurierknochen und auch jüngere Highlights wie Greenstone Jade gibt, ist nach dem Erdbeben wieder voll restauriert.

Das nächste historische Gebäude das wir besichtigen, ist das Arts Center. In dem 1877 erbauten Komplex aus neu-gotischen Gebäuden, residierte früher das Canterbury College, der Vorläufer der Canterbury University. Der berühmteste Absolvent des College, war Lord Ernest Rutherford, der neuseeländische Physiker, dem 1917 als erstem die Spaltung eines Atomkerns gelang und der damit die moderne Atomphysik gründete. Die Restaurierung ist hier noch in vollem Gange und nur der Innenhof kann besichtigt werden.

Zurück in die Innenstadt geht es über die New Regent Street. Ein Vorläufer moderner Malls: Die hübsche kleine Zeile pastellfarbener Läden, im Stil spanischer Missionen, wurde bei ihrer Fertigstellung 1932 als Neuseelands schönste Straße gepriesen. Auch heute, nach der Zeit des Erdbebens, lädt Sie zu einem angenehmen Bummeln durch kleine Galerien, Geschenkeladen und Cafés ein.

Entlang der Manchester Street zeigt uns der Guide ehemalige Standorte historischer Gebäude. Vorbei an leeren Flächen, die als Parkplätze,  Kunst-Plätze in Form eines Dance-O-Mat oder mit Skulpturen bestückt, genutzt werden, führt die Tour dann zur Transitional Cathedral. Die wegen der 98 Pappröhren, die zu ihrem Bau verwendet wurden, allgemein als Cardboard Cathedral bezeichnete interessante Konstruktion, dient als temporäre anglikanische Kathedrale und als Konzertstätte. Das vom japanischen ¨Katastrophenarchitekten¨ Shigeru Ban entworfene Gebäude, wurde in 11 Monaten fertiggestellt. 
Wir haben etwas Zeit für uns, um in der ¨Kirche¨ über die wirklichen Ausmaße des Erdbebens nachzudenken.

Besser gewesen wäre, wenn uns der Guide vorher erzählt hätte, mit was er die Tour beendet.
Wir kehren nämlich zu dem Standort zurück, an dem das sechsstöckige Canterbury-TV-Gebäude stand und 115 Menschen starben. Der Guide liest aus einem Buch, Erinnerungen eines Überlebenden vor. Die Menschen damals hatten genauso wenig Zeit, sich auf ihr Schicksal vorzubereiten, wie wir gerade auf diese Geschichte. In einer kleinen Gedenkminute, betet daraufhin jeder für sich.
Noch berührender und anschaulich dargestellt ist die ¨Kunstinstallation¨ auf der anderen Seite der Straße - "185 White Empty Chairs" . In Erinnerung an alle 185 Menschen, die dort namentlich erwähnt werden und am 11. Februar 2011 in Christchurch gestorben sind.
Was für eine bewegende Geschichte solch eine Naturkatastrophe doch auslösen kann. Ich selbst muss dabei, an mein Erlebnis in Wellington zurückdenken. Was für eine Chance hatte ich gehabt? Genau die selbe, nämlich gar keine. In den Momenten wird dir aber auch klar, das Leben ist vergänglich und jeder einzelne sollte genossen werden.

Um genau dies dann zu tun, haben wir uns für den Nachmittag eine ¨Punt¨ Fahrt auf dem Avon gebucht. Die Antigua Boat Sheds sind der Ausgangspunkt für eine halbstündige Stechkahnfahrt durch den Botanischen Garten. Man setzt sich entspannt in einen Kahn mit flachem Boden, während ein strammer Bursche in edwardianischen Klamotten aus den 20er Jahren, der mit einer langen Stange bewaffnet ist, die Arbeit tut. Also weniger romantisch als in Venedig ist die Fahrt nicht, nur "O Sole Mio", wird hier leider nicht gesungen. 
Daher wir uns ja im Botanischen Garten befinden, schauen wir anschließend auch noch die Themengärten und das Gewächshaus an.

Zurück in der Re:START Mall, bleibt heute noch Zeit zum Weihnachtsgeschenke shoppen und um den Tag, mit einem leckeren Joghurt Eis abzuschließen.
Bisschen Weihnachtsmarkt-Feeling hatten wir am Mittag, als wir uns eine Bratwurst hier gegönnt haben. Irgendwann muss ich die Gedanken an Deutschland, doch in mein Kopf bringen.

Was die letzte Woche auf jedenfall noch war, eine Vorbereitung auf das festliche Schlemmen Zuhause. Immerhin 6 Kilo habe ich, in meiner Zeit in Neuseeland, doch abgenommen. Erholt, fit und mit mir selbst wieder im reinen, trete ich Übermorgen dann meine Rückreise an.

Eine Frage die für Euch jetzt noch offen bleibt ist sicher die, was wird aus Alina und mir?